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Zeig mir, wie es Dir geht!

Wie soll ich von etwas erzählen, dessen Worte ich nicht kenne?

Gefühle größer als Worte

Wenn es zu einer Trennung kommt, die einseitig entschieden wurde, entsteht ein erhebliches emotionales Ungleichgewicht. Der „aktive“, also der sich trennende, Partner hat sich über diesen Schritt schon geraume Zeit Gedanken gemacht, ist also im Prozess des Verarbeitens schon sehr viel weiter als der andere. Dieser wiederum, der in diesem Moment „passive“ Partner, muss das Gehörte erstmal verarbeiten, starke spontane Emotionen und sich überschlagende Gedanken aushalten und sortieren. Wer es erlebt hat, weiß, wie hart das sein kann. Wer es nicht erlebt hat, kann es sich mit ein wenig Empathie vorstellen.

Das Kind über die Trennung der Eltern zu informieren, ist dann ein nicht mehr allzu weit entfernter Schritt. In unserem Fall lagen nur wenige Tage zwischen diesen beiden Ereignissen.

Wir haben es unserer Tochter gemeinsam zu erklären versucht. Sie war damals noch nicht ganz 5 Jahre alt. Die erste Reaktion war recht verhalten: Sie wollte kuscheln, war etwas traurig, versuchte aber auch, uns zu trösten, weil sie auch unsere Trauer spürte. Ich bin sicher, die gesamte Tragweite dieses Gespräches war ihr nicht klar.

Heute – fast fünf Jahre später – erinnert sie diesen Tag nicht mehr. Aber sie erinnert sehr deutlich, dass ihr Vater ihr etwas später mitgeteilt hat, er werde künftig bei Oma und Opa schlafen. Obwohl er jeden Abend nach der Arbeit zu uns kam, bis sie im Bett war, obwohl er also täglich präsent war, war dieser Moment für sie der Moment der Trennung ihrer Eltern.

Unsere Routine veränderte sich, der Morgen lief jetzt ohne den Papa ab. Natürlich war auch die Stimmung im Haus anders. Meine Tochter aber verhielt sich weitestgehend zunächst einmal wie vorher und äußerte kaum konkrete Sorgen. Aber: Ab sofort wollte sie bei mir im Bett schlafen.

Über etwas sprechen, für das es keine Worte gibt – wie geht das?

Natürlich habe ich mir gewünscht, mein Kind würde mit mir über seine Gefühlswelt sprechen. Aber sie war dafür einfach noch zu klein! Wie hätte sie all das in Worte fassen sollen? Wenn mir als erwachsener Person die Aussicht auf den kommenden Weg schon schwer überschaubar erscheint, wie muss das dann aus Kindersicht sein?

Einerseits überblickt ein Kind die ganze Dimension einer solchen Situation nicht – was es in mancher Hinsicht leichter machen kann. Andererseits entstehen aber auch diffuse Ängste und Ideen, die nicht greifbar und schwer zu benennen sind. Natürlich möchten wir, dass unsere Kinder ihre Sorgen mit uns teilen, aber wie sollen sie das, wenn sie nicht erklären können, was sie bewegt?

Mein Mann und ich hatten damals Kontakt zu einer Eheberatungsstelle, die ich nach der endgültigen Trennung noch einmal alleine aufgesucht habe. Ich dachte dabei gar nicht an meine Situation. Ich wusste aus den vorangegangenen, wenig hilfreichen Gesprächen, dass dieser Berater und ich keine gemeinsame Linie finden würden. Ich ging trotzdem hin in der Hoffnung auf einen professionellen Rat zu der Frage: Wie kann ich mein Kind bestmöglich durch diese Zeit bringen?

„Visualisieren Sie Ihrem Kind die Situation und zeigen Sie auf, dass sie endlich ist.“

Dieser Berater gab mir als Beispiel das Bild eines Tunnels mit auf dem Weg. Ich sollte meiner Tochter erklären, dass die Trennung sich anfühlen kann, wie ein dunkler langer Tunnel. Den zu durchlaufen kann sehr schwer sein, aber am Ende kommt wieder Licht und wir werden dieses sicher erreichen.

Auch wenn ich (bis heute) das Bild von einem dunklen Tunnel als zu bedrückend empfand – die Idee an sich fand ich wirklich gut!

Unsere Lösung: Ein Berg

Meiner Tochter wurde mit der Zeit klar, dass die Trennung ihrer Eltern eine bleibende Sache war. Es kamen mehr Fragen. Und mehr Sorgen. Ob Papa einsam ist, weil er ja nachts alleine schlafen muss. Ob es möglich ist, dass unsere Liebe zu ihr genauso verschwinden kann, wie die Liebe von Papa zu Mama. Ob wir überhaupt noch eine Familie sind, wenn Mama und Papa nicht mehr zusammenwohnen.

Nach einer Weile stand dann fest, dass wir nach Hamburg ziehen werden. Meine Tochter war an der Entscheidung beteiligt und freute sich auf Hamburg. Aber natürlich kamen auch die Fragen nach der Entfernung zu ihrem Papa und ihren Halbschwestern und dem Rest der Familie in NRW. Je näher der Umzugstermin rückte, desto häufiger äußerte sie Sorgen und Fragen.

Bei einer dieser Frage-Gelegenheiten habe ich meiner Tochter einen Berg gezeichnet. Beim Zeichnen habe ich ihr erklärt, dass es manchmal Situationen gibt, die sich wie ein riesiger Berg anfühlen…

Stell Dir vor, das Leben ist wie ein Weg. Man geht ihn jeden Tag ein Stück, manchmal ist er schön und einfach, manchmal ist er etwas holprig, z.B. wenn man krank ist oder traurig. Und manchmal passiert was und man muss sich richtig anstrengen und über einen Berg klettern. Dass Papa ausgezogen ist, fühlt sich jetzt an wie so ein Berg. Und im Moment ist er ganz steil. Man denkt, man schafft es niemals, diese erste Felswand zu überwinden, weil das Herz so weh tut. Dann fängt man an zu klettern. Das ist sehr anstrengend und man muss auch immer mal wieder weinen. Aber wir beide sind zusammen und gemeinsam schafft man es dann doch. Und wenn man oben ist, wird es etwas leichter. Man kann nochmal zurückschauen und sehen, was man geschafft hat. Vielleicht ist der Weg weiter nach oben dann etwas weniger steil und man kann sich kurz ausruhen.

Doch der Gipfel sieht immer noch verdammt hoch aus und man sieht, wieviel man noch vor sich hat! Manche Stellen kann man gar nicht sehen, weil Steine davor liegen. Dann macht man sich Sorgen. Aber man klettert trotzdem weiter, weil man ja die Zeit nicht anhalten kann.

Die ganze Zeit habe ich weiter gemalt, ihr gezeigt, wovon ich erzähle. Dieser Berg – der erste von vielen – hatte spitze Klippen, über die man klettern musste, steile Wände, große Steine. Aber er hatte auch Treppenstufen, hin und wieder eine Schräge, die man runterrutschen konnte (z.B. ihr Geburtstag, den wir mit ihrem Papa zusammen gefeiert haben) oder mal ein kleines Plateau mit Gras und Blumen zum Ausruhen (ein Wochenende mit Oma in Hamburg).

Und dann, wenn man den Gipfel erreicht hat, dann kann man sehen, was auf der anderen Seite wartet. Und man sieht, dass da viel Schönes ist: Eine schöne Wohnung in Hamburg, ein toller Kindergarten mit neuen Freunden, Besuche bei Papa und der Familie in NRW.

Der Weg hinter dem Berggipfel ist leichter, weil es bergab geht. Doch auch hier gibt es noch Klippen oder mal einen Steinschlag, der weh tut. Aber insgesamt ist es leichter und es wird immer schöner. Ab und zu kann man sogar rutschen! Und irgendwann ist man unten und kann sich den Berg noch einmal ansehen und stolz darauf sein, ihn erklommen zu haben.

Auf meine Frage, ob meine Tochter jetzt ihren eigenen Berg malen möchte, hat sie sofort ja gesagt und angefangen. Sie hat mir den Berg genau erklärt und viele persönliche und besondere leichte und schwere Wegstrecken eingebaut und beschrieben.

Gipfelsturm

Als es dann zum Umzug kam, ging es uns allen nicht gut. Der Tag hat unglaublich viel Kraft gekostet. Insgesamt denke ich aber, für unser Kind haben wir den Umzug bestmöglich über die Bühne gebracht. Darüber werde ich später noch ausführlicher schreiben. In aller Kürze: Den Umzugstag hat meine Tochter bei meinen Schwiegereltern verbracht, dann dort mit ihrem Papa übernachtet. Die Umzugsfahrt nach Hamburg hat sie nicht mitgemacht, sie ist einen Tag später mit ihrem Papa geflogen. Noch einen Tag später ist er dann wieder nach NRW abgereist und wir blieben zurück.

Dieser eine Abschied vom Papa war mit Abstand der schlimmste Moment der gesamten Trennung. Sie hat lange und bitterlich geweint, ich glaube heute, ihr ist in diesem Moment die ganze Tragweite der Situation klar geworden und sie konnte gar nicht fassen, was da an Gefühlen auf sie einstürmte. Ich konnte nur mitweinen.

Doch als das Weinen dann ein wenig nachließ, konnte ich ihr sagen: „Weißt Du, was das jetzt für ein Moment war!?“ Kopfschütteln.

„Das, mein Schatz, war der Gipfel. Wir sind drüber!“

Ab jetzt wird es leichter

Meine Tochter hat noch oft den Berg gemalt. Meistens in Situationen, in denen es aus irgendeinem Grund schwierig für sie war. Fast immer kam es aus eigenem Antrieb dazu. Immer hat sie viel dazu gesagt, mir den Berg beschrieben. Manchmal waren es auch mehrere, einer für die Trennung, einer für den Umzug, einer für eine andere Herausforderung. Der Trennungs-Berg war immer der größte.

Er wurde flacher mit der Zeit. Die Rutschen und Abwärts-Treppen wurden häufiger, die Anstiege seltener. Inzwischen haben wir schon eine lange Zeit keine Berge mehr gemalt… Aber der Gedanke daran, dieses Sinnbild in petto zu haben, ist ungeheuer hilfreich!

Ich habe ausdrücklich versprechen müssen, unsere Berge niemandem zu zeigen. Darum zeige ich hier nur ein fiktives Beispiel:

Weitere Ideen für Sinnbilder:

  • Eine Schifffahrt durch raue See (gutes Wetter, schlechtes Wetter, Schiff beschädigt, Inseln zum Ausruhen, …)
  • Ein Ritt durch eine Wüste (Dünentäler, in denen man sich alleine fühlt, Oasen, die Hilfe bieten, wundersame Begegnungen oder Sandstürme unterwegs, …)
  • Eine Fahrt durch den Weltraum (leerer Raum, ohne Hindernisse, aber vielleicht auch ohne Hilfe, ab und zu eine Raumstation mit Werkzeug oder Helfern, schöne Sterne zum Freuen, störende Meteoriten zum Ärgern, …)

„Mama, mir fehlt der Alltag.“

Gestern im Auto, auf dem Weg vom Supermarkt nach Hause. Es ist still auf dem Rücksitz, im Radio läuft irgendeine Musik. Dann, ganz unvermittelt: „Mama?“ „Ja?“ „…mir fehlt der Alltag.“

So ein kleiner Satz. So viel Inhalt! Und wieder einmal wird mir in einer enormen Gefühls- und Gedankenwelle klar, was die momentane Zeit mit unseren Kindern macht! Das sonst so verhasste frühe Aufstehen, das zur Schule gehen, das weit entfernte Wochenende jeden Montag… jetzt fehlt das alles.

Corona und seine Folgen hat uns jetzt seit einem Jahr fest in seinem Griff. Den einen mehr, den anderen weniger. Auf die Probleme der Erwachsenen gehe ich hier nicht ein, die sind hinlänglich bekannt. Aber was ist eigentlich mit unseren Kindern?

Ein Jahr geht das nun schon. Wir sind im zweiten Lockdown, ein Ende ist momentan noch nicht abzusehen. Ich persönlich befinde mich in einer wirklich guten Situation, ich kann mein Kind zuhause beschulen, habe keine zusätzlichen finanziellen Sorgen, meine Lieben sind alle – noch – gesund.

Eigentlich alles gut, aber…

Dies wird der Hauptgrund dafür gewesen sein, dass meine Tochter und ich den ersten Lockdown größtenteils genießen konnten. Zeit füreinander haben, den entschleunigten Tagesablauf einfach auf sich zukommen lassen, viel reden, viel spielen, lesen, basteln, sich aufeinander einlassen. Das war schön!

Jetzt im zweiten Lockdown ist das eigentlich nicht anders. Es überwiegt immer noch das Gemütliche, wir haben eine gewisse Routine, das Homeschooling läuft immer besser, diesmal dürfen sich sogar Tochter und Oma sehen. Und trotzdem: „Mama, mir fehlt der Alltag.“

Wie geht es da eigentlich den Kindern, die alleine im Homeschooling sitzen? Die sich vielleicht so wie meine Tochter von ihren Mathe-Aufgaben wegträumen und die niemand wieder zurückholt, damit es keinen ganzen Tag dauert? Wie geht es denen, die sich alleine beschäftigen müssen, weil die Eltern im Job gebraucht werden? Oder die als einzige aus ihrer Klasse in die Notbetreuung gehen?

Erklärungsbedürftig!!!

Natürlich lässt sich das nicht überall vermeiden. Aber es ist wichtig, dass wir unsere Kinder dann emotional auffangen. Ihnen erklären, was vor sich geht! Sie hören momentan so oft, dass sie für uns eine Belastung sind, dass Homeschooling die Eltern überfordert, dass ihnen wichtige Förderungen fehlen, dass sie Defizite in ihrer sozialen Entwicklung in die Gesellschaft tragen werden, dass ihre Schulabschlüsse nichts mehr wert sein werden, und noch so vieles mehr! Alles berechtigte Einwände. Doch klingen sie aus Kindersicht nicht auch oft nach Vorwurf? Ich fürchte ja.  Zumindest dann, wenn sie nicht adäquat und altersgerecht erläutert werden!

Seit Monaten sind die Medien und unsere Alltagsgespräche davon voll. Natürlich spürbar für unsere Kinder. Aus Absperrbändern an Spielplätzen wurde eine Debatte darüber, ob Kinder sich für einen einzigen Freund entscheiden könnten. Regenbögen an Fensterscheiben wurden zu Diskussionen über Ferien-Beschulung oder das Ausfallenlassen von Prüfungen. Nebenbei verarbeiten unsere Kinder Berichte über vereinsamte Senioren, Todesfälle ohne Abschied und müssen den Besuch bei den Großeltern rechtfertigen.

Ich verstehe die Notwendigkeit des Lockdowns und die Maßnahmen. Wirklich! Doch für meinen Geschmack werden Kinder öffentlich immer noch zu wenig bzw. zu einseitig thematisiert. Ich vermisse konkrete Angebote in den Medien, Anlaufstellen, an die Kinder sich wenden können. Und ich vermisse kindgerechte Berichterstattung über die Lage, wie sie ist! Es gibt sie! Aber es ist so wenig! Am allermeisten vermisse ich Anerkennung für das, was unsere Kinder seit Monaten leisten!

Umso entscheidender wird damit die Grundhaltung, mit der wir unseren Kindern jetzt in der Betreuung zu Hause begegnen. Nicht mit einem „na toll, jetzt hocken wir noch länger aufeinander!“, sondern einem „okay, auch das schaffen wir!“. Denn was haben wir nicht schon alles geschafft! Machen wir uns das doch bitte immer wieder bewusst!

Genau aus diesem Grund ist meiner Meinung nach derzeit die allerwichtigste Aufgabe von uns Eltern:

Sorgen wir dafür, dass unsere Kinder sich geliebt fühlen!

Denn das ist unser Job! WIR haben uns entschieden, Kinder in diese Welt zu setzen. Unsere Kinder wurden nicht gefragt. Ja, wir konnten uns bisher auf unser System verlassen, das uns einen geregelten Alltag mit Schule und Kindergarten ermöglichte. Aber jetzt befinden wir uns in einer Ausnahmesituation, in der das System ruckelt. Das nervt. Das ist anstrengend. Das bringt viele von uns an unsere Grenzen. Aber WIR sind die Eltern. Die Verantwortlichen. Es ist UNSERE Aufgabe, unsere Kinder abzufangen, ihnen die Situation zu erklären und für sie da zu sein. Sie werden diejenigen sein, die die wirtschaftlichen und sozialen Folgen in ihrer Generation abzutragen haben. Und dafür müssen wir sie stark und selbstbewusst machen.

Also: Durchatmen. Weiter machen. Ruhig mal down sein, aber es danach erklären! Und bitte nie aufs Kind schieben! Nicht das Kind ist anstrengend, die Umstände sind es. Nicht das Eltern-sein bringt uns an die Grenzen, sondern all die anderen Mehr-Anforderungen. Der Job, der Geldmangel, die Sorgen, all das. Aber nicht unsere Kinder!

Sie sind doch das Wertvollste, was wir haben. Lassen wir sie das spüren!

Liebhaben

Link-Tipps:

Kinder stark machen: Startseite – Hilfreiche Tipps und Erklärvideos von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA)

Corona – Die Seite mit der Maus – WDR (wdrmaus.de) – kindgerechte Erklärungen zum Umgang mit Corona

Homeschooling während Corona-Pandemie: Bildungsangebote im NDR | NDR.de – Der NDR – Medien & Bildung – Angebote des NDR zum Thema Corona, Nachrichten und Lernen. Für alle Altersgruppen

Trennung – Ein Apell

Wir haben`s geschafft, es ist nicht mehr schlimm.

Ich merke es täglich, wir kriegen das hin.

Nicht immer einfach, die Uhr rast dermaßen

Dass der Alltag kaum Zeit lässt, uns Zeit zu lassen.

Doch wir haben Struktur, können hin und wieder entfliehen

Bin stolz auf Dich, wir sind ein fantastisches Team.

Wenn es auch oft ein Drahtseilakt ist

Dass ich für Dich Mutter und Du die Tochter stets bist

Und eben nicht Partner, Freundin oder was ich sonst brauch

Aber ich bin mir`s bewusst, also schaff ich das auch.

Dein Papa und ich haben gedreht,

dass eine Elternschaft immer noch geht,

als Partner jetzt, nicht mehr als Paar.

Was für ein hartes Stück Arbeit das war,

trotz aller Schmerzen, offener Fragen, Verlust

für Dich haben wir beide immer gewusst,

dass wir das wollen, ja müssen, denn fest steht doch,

Du bist unser Kind, brauchst uns beide ja noch.

Und jetzt, wo es geschafft ist, wird mir immer mehr klar,

um wieviel schwerer es wäre, wär`n wir nicht da,

wo wir jetzt steh`n, als gut funktionierendes Elternpaar,

ohne Streit, ohne Lügen, ohne Anwalt, Gericht…

Dies und nur dies eine heile Kinderseele verspricht.

Darum mein Apell, an alle die`s trifft:

Kämpft darum, dass Ihr eine endgültige Trennung umschifft!!

Damit meine ich nicht, auf Biegen und Brechen

Sich eine gemeinsame Zukunft versprechen,

die geprägt ist von Streit und Kämpfen und Groll,

sondern erwachsen, achtsam und würdevoll,

eine neue Zukunft jedem für sich zu gestalten,

die den Kindern erlaubt, beide Eltern zu behalten.

Eine Trennung ist stets mit Verletzung verbunden.

Man kämpft bis zur Erschöpfung zu viele Runden.

Der Schmerz überstimmt die Vernunft viel zu oft

Und so wird’s viel schlimmer zum Schluss als erhofft.

Doch es lohnt sich so sehr sich selbst durchzuringen

möglichst bald über den eigenen Schatten zu springen

Denn wenn es zum Krieg kommt, den eh keiner gewinnt,

ist der größte Verlierer letztendlich das Kind.

Darum sprecht miteinander, versucht zu versteh`n!

Verzeihen müsst Ihr nicht, nur versuchen zu seh`n,

wie viele Vorteile es mit sich bringt,

wenn nicht jeder für sich um seinen Vorteil ringt.

Denn der Lohn dafür, der ist es Wert:

Ein Kind, das zweifach Stärke und Liebe erfährt.

Moin!

Das bin ich – Neu-Bloggerin

Da sitze ich nun und schreibe die ersten Sätze für meinen eigenen Blog!

Gar nicht so leicht, einen Anfang zu finden… Es fühlt sich erklärungsbedürftig an, meinen ersten öffentlichen Text zu beginnen. Aber warum eigentlich?

Es gibt ja einen Grund, diesen Blog zu starten. Ein persönlicher, simpler Grund, aber er ist so gut wie jeder andere auch: Ich möchte etwas teilen. Ich denke, ich habe was zu sagen. Doch auch hier steigt das Gefühl auf, ich müsste erläutern. Merkwürdig, oder?

Und die Worte, die mir dazu als erstes in den Sinn kommen, erscheinen mir recht unpopulär. Ich schreibe sie trotzdem:

Ich bin stolz auf das, worüber ich hier schreiben möchte!

Stolze Alleinerziehende

Meine Tochter und ich leben hier in Hamburg, der Vater meiner Tochter in Nordrhein-Westfalen. Das war anders geplant und dass diese Pläne zerbrochen sind, war schmerzhaft. Doch inzwischen – und es war ein langes und schwieriges „inzwischen“ – bin ich an einem Punkt, der sich mehr als okay anfühlt! Und darauf bin ich stolz.

Ich bin stolz auf das, was ich die letzten Jahre gemeistert habe. Ich bin stolz darauf, wie ich meine Tochter durch die Trennung ihrer Eltern gebracht habe. Ich bin stolz darauf, wie sich mein Leben und das Leben meiner Tochter entwickelt hat. Von diesem Gefühl, von meinen Erfahrungen möchte ich etwas abgeben!

An diesen Punkt zu kommen, war nicht einfach. Jede Entscheidung, jede Erklärung, jede neue Herausforderung brachte neue Fragen mit sich. Auf der Suche nach Tipps oder Hilfe im Internet wurde ich leider nur selten fündig.

Es tut sich was im Netz, es wird mehr. Es gab und gibt einiges zum Thema „Trennung“. Und ja, auch zum Thema „Alleinerziehend“. Aber beides überwiegend aus der Sicht der Erwachsenen. Was gut ist! Denn nur, wenn die Erwachsenen Wege finden, können sie den Kindern Wege zeigen.

Perspektiv-Wechsel: Fokus auf das Kind!

Aber das Thema „Alleinerziehend aus Sicht des Kindes“ war für mich damals nicht auffindbar. Auch jetzt, im Rahmen der Recherche für meinen Blog, sind Artikel zu diesem Thema nur schwer zu finden. Es gibt sie! Aber man muss schon wissen, wo man suchen muss.

Jetzt, da ich diese Zeilen schreibe, bewegen wir uns in relativ ruhigem Fahrwasser. Die Trennung ist weitestgehend verarbeitet. Einiges konnte besprochen werden, anderes wird unbesprochen bleiben. Aber das ist okay. Wir sind und bleiben Eltern unserer Tochter und wir sind es gemeinsam und partnerschaftlich.

Inzwischen habe ich ein kleines, aber feines Netzwerk um mich. Meine Tochter hat Freundinnen gefunden und deren Mütter unterstützen mich, wenn ich einen Platz für sie brauche. Auch ich selbst habe neue und wertvolle Kontakte gewonnen und darf hoffen, dass einige Freundschaften daraus entstehen.

Meine Familie hier in Hamburg ist nach wie vor mein Mittelpunkt, mein Felsen in der Brandung, mein Anker.

Und meine Tochter ist einfach unbeschreiblich. Sie ist so stark, sensibel, klug und liebevoll. Sie hat die letzten Jahre unsagbar tapfer, mutig und mit ganzem Herzen gemeistert und ich könnte keine stolzere Mutter sein.

Wir alle, die wir um sie sind, haben ihr dabei geholfen. Aber ich erlaube mir heute, mal ganz unbescheiden zu sein und schreibe einen sehr großen Teil davon mir zu. Ich bin diejenige, die sie an dunklen Tagen auffängt. Ich bin es, die ihr die Welt erklärt – unser aller Welt und die allein ihrige. Ich bin diejenige, die ihre Erkrankung so wenig spürbar wie möglich in ihren Alltag integriert und ihr über alle Hindernisse hinweghilft. Und ich bin diejenige, die jeden Tag den Spagat meistert, sie zu beschützen, reifen zu lassen und zu einem selbstständigen Menschen werden zu lassen, der alle Klippen des Lebens irgendwann ohne meine Hilfe zu umschiffen versteht.

All das mache ich gut. Ich habe lange gebraucht, mir zu erlauben, mir selbst das zu sagen! Ich dachte, ein solches Eigenlob stünde mir nicht zu. Manchmal holt mich das heute noch ein.

Aber hier und jetzt nochmal ganz deutlich für mich: Ich mache das gut!

Und wie ich das mache, das schreibe ich jetzt auf. Ich starte einen Blog. Wenn ich damit nur einem Menschen Tipps geben kann, der ihr oder ihm durch einen schweren Moment hilft, dann hat sich das schon gelohnt!

Aber vielleicht werden es ja doch mehr als einer… wer weiß?